NAXOS, Apollontempel
Für Benjamin.
Dein Bild verblaßt,
Weil du es geschafft hat,
die Zeit vor Glück still
stehen zu lassen.
das Gefühl, das du wecktest,
blieb bei mir. Danke.
Rom, Neapel, Florenz, Pisa, Brindisi
Patras, Meteora, Athen
Santorin, Ios, Naxos, Paros ~ 8/9/1997
Als Michael mir gestanden hat, eine andere Frau zu begehren, und unsere Beziehung zu beenden hat das meinen Schutzwall niedergerissen; ohne eine Waffe zu ziehen bin ich vor ihm gestanden und habe ihn erlitten.
John hat die Mauer Stein für Stein abgetragen und mir bewiesen, daß Leben durchaus mehr ist als Erinnerung (ob gute oder schlechte): Leben ist JETZT, jeder Moment, der nicht bewußt gel(i)ebt wird, ist verloren.
Das war erst der Anfang, ich kann es fühlen. Es ist schön, wieder Blicke zu spüren, Menschen zu sehen, begehrt zu werden und zu begehren. Was für ein machtvolles Streben zieht mich hinaus in die Weite? Nicht länger laufe ich davon; das Blatt hat sich gewendet! Das Universum kommt auf mich zu und ich erwiedere die Umarmung der Erkenntnis.
IOS, Chora, "Mittagsausflug zum Bankomat"
Wie ein Schlag hat mich der Blick in deine Augen getroffen, so hart, daß für einen Augenblick mein Herz aussetzte, um danach umso aufgeregter zu pumpen. Dabei hast du mich nur angelacht und einen Scherz über die Postkarten gemacht, die ich mir gerade ansah (und dich insgeheim vermutlich großartig amüsiert, daß ich dich so dümmlich anstarrte, als ob ich kein Wort von dem verstanden hätte, was du gesagt hattest)(hatte ich auch nicht)(aber du warst so nett, es zu wiederholen; und nachdem ich mich gefangen hatte, haben wir stundenlang über Gott und die Welt geredet, unbefangenst).
Ich habe mich gewehrt, im Geist um mich geschlagen, geweigert, dich auf diese Art zu mögen, und als du fragtest, ob ich mit dir ein Motorrad leihen wollte, um die Insel zu erkunden, hörte ich meine Stimme mit Freude bejahen (als ob mein Herz ein Eigenleben entwickelt und plötzlich alle Entscheidungsgewalt an sich gerissen hätte...)
Ein paar Stunden Schlaf trennen mich noch von dir. Wirst du da sein? Werden wir miteinander auskommen einen ganzen Tag lang? Wird die Sonne scheinen?
IOS, Manganari
Warum war ich gestern so unsicher? Von Anfang an wußte ich, daß es wunderbar werden würde. Es ist die Art von Klarheit im Unterbewußtsein, die einen befällt, wenn man gerade selbst am überzeugtesten scheint, daß das Gegenteil der Fall sein müßte. Ganz abgesehen von meinem Drang, in deiner Nähe zu sein und meinem unbegreiflichen Wunsch, dir nicht zu nahe zu kommen, warst du mir ein Freund (und wenn ich einen Moment länger darüber nachdenke, auch Objekt meiner Begierde)(deshalb endet der Gedanke hier), wie ich ihn mir nur wünschen konnte.
Sogar wenn wir keine Tankstelle gefunden hätten, das Moto hätten schieben müssen und dabei sicherlich kräftig ins Schwitzen geraten wären, würde ich keine Sekunde dieses Ausfluges missen wollen, der mir so unendlich gut getan hat.
Du hast mir meine Flügel zurückgegeben.
NAXOS, Kastraki, südlicher Küstenabschnitt, Blick nach Süden
Ein Strand, so weit wie das Auge reicht,
von feinstem Sand, der sich heiß und weich
an die Haut schmiegt wie ein zärtlicher Liebhaber.
Vom Wind gepeitschte glasklare Wellen,
die gegen den Horizont ins Grünblaue brechen,
kaum ein Gedanke an gestern oder morgen,
nur Genuß, während die Sonne Lichtreflexe
auf den sandigen Meeresboden zeichnet.
Wie kann ich dir jemals sagen, was dieser tiefe, innere Friede mir bedeutet, den ich seit damals in mir trage, wie einen kostbaren Schatz hüte und mich daran nähre, wenn Launen mir einen Streich spielen wollen?
Leider habe ich einen Fehler gemacht: Vor dir zu fliehen aus Angst, mich in dir zu verlieren, war keine Lösung. Trotzdem war es das, was ich tat ~ und ich bereue. Meine einzige Erleichterung ist, daß ich fühlen kann, du verstehst (vielleicht besser als ich)(und das ist mehr als ich von den meisten Menschen sagen kann).
Wenn mein Glück einen Namen wollte, es würde deinen tragen.
NAXOS, Kastraki, nördlicher Küstenabschnitt, Blick nach Norden
Kein leichtes Unterfangen, in einer Fremdsprache Freud und Nietzsche zu diskutieren und ich hoffe, daß aufgeschoben nicht vergessen ist. Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und eines ausführlichen Nachschlagewerkes der englischen Sprache fordere ich dich auf, unsere Gespräche fortzusetzen! Ich möchte deine Meinung zu vielen Dingen wissen, gib' mir die Chance, die ich verpaßt habe...
NAXOS, Chora
Wie gerne ich gewußt hätte, ob meine Nachricht dich erreicht hat! Wie sehr ich mich nach deinen Liedern sehne! Ich habe dir nie gesagt, daß ich deine Stimme liebte (weil Menschen, die vor sich hin singen, meist glückliche Leute sind)(und ich das Gefühl mochte, dich glücklich zu wissen).
Gott weiß, ich habe mich dagegen gewehrt, aber du bist in mein Leben hineingerauscht wie ein heißes Messer in Butter. Deshalb bin ich geflohen (und könnte mich selbst treten deshalb! Feigling! So mutig, ein Monat alleine durch Europa zu reisen und doch zu feige, um einem Seelenverwandten die Zuneigung zu gestehen...). Und deshalb vermisse ich dich.
NAXOS, Agida Anna mit Blick auf Paros
So unbeabsichtigt es war, so schnell ist es mir klargeworden:
Ich habe dich betrogen, Michael.
Nicht mit meinem Körper aber
mit der Essenz meiner Seele.
Keine Schuldgefühle oder Gewissens-
bisse, nicht einmal Zweifel.
Ich bedaure nichts, was ich getan habe,
nur Dinge, die zu tun mir der Mut fehlte.
NAXOS, Kastraki
Also: Was habe ich aus meinem Urlaub mitgebracht?
"Spring ins Unbekannte! Laß' es passieren! Plötzlich wird es sich als das Beste herausstellen, das dir jemals passiert ist."
Das war es, wovor ich mich am allermeisten fürchtete: Alles hinter mir zu lassen. Michael zu verlassen, die vertraute Umgebung zu verlassen, Gewohnheiten und Ideale aufzugeben um wieder frei zu sein (von den Alltagsfesseln und Grübelfallen).
Aus diesem Grund mußte ich oft früher Abschied nehmen als ich gewollt hätte, aber ich konnte die Abenteuer förmlich spüren, die nur darauf warteten, erlebt zu werden.
"Gib allem die gleiche Chance. Tue, was der Augenblick verlangt."
Es wäre leicht gewesen, Menschen wegen ihres Alters, ihrer Hautfarbe oder ihres Charmes zu beurteilen. Zum Glück war ich noch nie der Typ, der leichte Entscheidungen trifft, nicht für mich und schon gar nicht für andere. Auf das Herz hinter der Fassade kommt es an, wie bereit der Verstand und wie frei die Hoffnung ist in einem Menschen. Ein bißchen Wollen und ein wenig Versuchen ist dann zu wenig. Die Tiefe der Seele ist es, die ich suchte, die Fähigkeit sich fallen zu lassen ins Dunkel: Und fand sie an Orten, wo ich sie nie erreicht hätte, wenn ich aufgehört hätte, an das Glück zu glauben.
PAROS, Ostküste
Ist es dir jemals passiert, daß du einen Alptraum hattest, der dich die ganze Nacht zu begleiten schien? Du bist aufgewacht, schweißgebadet, aufrecht im Bett gesessen, hast in die Dunkelheit gestarrt und versucht, nicht einzuschlafen, aus Angst, der Traum könnte wiederkommen? Und er KAM wieder?
Ein Geräusch wie Schritte. Licht durch einen Türspalt, rascheln von Kleidung und Schuhe, die dumpf auf den weichen Teppich fallen. Ein wirrer Schopf halblanger blonder Haare erscheint in der Öffnung, ein umwerfendes Lächeln gefolgt von einem fragenden Blick, meine Kapitulation. Freude, durchdringende, innige, kindliche Freude rinnt durch mein Gehirn bis in meine Mundwinkel; du schlüpfst unter meine Decke und schmiegst dich an mich. Absolute Erfüllung, Einheit mit mir und mit dir, ein Moment, in dem ich ohne Bedauern sterben würde, weil ich es mit dem Bewußtsein täte, glücklich zu sein. Ich finde keine Worte für die Liebe in deinen Augen.
Und dann wache auf! Realisiere, daß das Bett neben dir leer ist, kenne die Enttäuschung und die Enttäuschung über diese Enttäuschung. Lindere den Schrei der brennenden Tränen und habe den Mut, wieder einzuschlafen. Träume WEITER. Und bete, nie wieder aufzuwachen...
NAXOS, südlich der Chora
(Oasis - 'Wonderwall')